This site will look much better in a browser that supports web standards, but it is accessible to any browser or Internet device.
Und von der heimatlichen Unterlage könnte man (vielleicht) auf
der Grundlage des Tonregisters sprechen, das, wenngleich reduziert, ziemlich
getreu den "Farben in der Natur" folgt. Wir möchten deshalb bei unseren
schon vor langer Zeit niedergeschriebenen Beobachtungen bleiben, dass Ivanec eine ,,verinnerlichte,
typisierte Landschaft" (inner reality) malt
und dass er sich dabei einer "ausgesuchten und harmonisch abgestimmten
Palette" bedient. ) Ebenso lenken wir noch einmal die Aufmerksamkeit auf
die bereits festgestellten "sphärischen Aberrationen und die hypertrophierte
Pflanzenwelt", die Ivanec zur Erreichung einer atmosphärischen bzw.
linearen Perspektive benützt, wobei einem (bedingt gesprochen) Rangerschen
Illusionismus ähnliche Effekte entstehen.
Der Kunstkritiker V. Crnkovic unterteilt weiterhin Ivanec' Malerei
(nach seinen Motiven) in Stilleben und vielschichtige Kompositionen allegorisch-phantastischen
Charakters.
Bei den Stilleben beeindruckt Ivanec' Gefühl für Harmonie,
eine feine Farbabstimmung, und obgleich es sich in der Regel um verkleinerte
Formen (Früchte, Gefäße, Gegenstände) handelt, erzielt
er mit der Verteilung des Schattens und der Kombination der Verhältnisse
immer auch die gewünschte Plastizität. Ein kleiner technischer
"Trick" - der Blick durch das offene Fenster in die Tiefe der Landschaft
- lässt sich beinahe schon in die Besonderheiten, Erweiterungen
des (schon recht eingeschränkten) malerischen "Wortschatzes" einreihen,
den die podravinischen naiven Künstler gebrauchen. Das gleiche trifft
auch für Ivanec' "schwebende" Dörfer in Kürbishälften
oder auf Seerosenblättern zu oder für die scheinbar geringfügige
und doch so erfrischende, inventive Verschiebung - wenn sich diese gleiche
Landschaft im Verhältnis zur "Basis" des Bildes und zur Szene im Vordergrund
umkehrt.
Kompositionen allegorisch-phantastischen Charakters sind bisher (nach
der Zahl der Arbeiten) ein erst angedeutetes Segment der Malerei von Ivanec,
doch scheint es, dass sich gerade durch sie seine weitere Reifung
beweisen wird: ihm steht noch viel geduldiges Sammeln von Material aus
der oneirischen Schicht bevor, das Greifen nach historischen oder literarischen
Quellen, Nachdenken über Motive, schrittweise Lösungen u. ä.,
doch schon jetzt können wir sagen, dass es dieser Maler verstehen
wird, diese ziemlich schwierige und umfangreiche malerische Herausforderung
in Angriff zu nehmen. Was wir bisher gesehen haben ("Die Podraviner bauen
den Turm von Babel", "Dante in der Podravina") ist vielleicht nicht im
wörtlichen Sinn eine naive Sicht der Dinge, aber es ist zweifellos
ein Gewinn für diese Kunst, der wir keine Grenzen setzen sollten,
wenn wir ihr einen freien Flug in die Imagination ermöglichen wollen
und die Früchte der Schönheit abzuwarten bereit sind, mit denen
uns die Naive von ihren Anfängen an selbstlos überschüttet
und beschenkt.
Dort explodieren seine künstlerischen Träume: Die Sehnsucht
nach Licht, nach Gerechtigkeit für alle. Ein Lichtbrunnen entsteht,
der alle dunklen Seelen der Menschen erleuchtet und man hat das Gefühl, dass
sei Mitte und Ende der Welt. Jeder von uns möchte unbedingt
dort gewesen sein. Aber der Weg dorthin hat tausend Wege, die sich wie
kleine grüne oder blaue Schlangen durch die Landschaft ziehen. Von
all diesen Wegen aber führt nur einer zum Ziel, in die Mitte des Bildes,
ins Zentrum des Lichts. Aber auch die Bauern in Gruppen mit Wagengespanne
oder in der Kälte auf dem Eis arbeitend, tun sich sehr schwer den
richtigen Weg zu finden. Das Licht in der Tiefe des Bildes gibt ihnen aber
Zuversicht und Vertrauen. Viele von uns haben einen ähnlichen Weg
gesucht.
Ich kenne einen der hat ihn gefunden: Stjepan Ivanec.
Stjepan Ivanec
oder vom Leben als Schauspiel
Hof und Garten des Ivanec'schen Anwesen in der Podrawina münden
in jene große Ebene, die der familienerhaltende Malerspross zwischen Vordergrund und Himmel seiner Bilder lagert. Hinter den Figurenszenen,
hinter den Häusern und Bäumen im Nahbereich lagert sie breit
und detailliert. Auf ihre Einzelheiten, Terrainwellen, Wäldchen, Ortflecken,
verwendet Stiepan Ivanec beträchtliche Mühe. Das, was auf seinen
Bildern Landschaft ist, eine vom Menschen bewohnte Erdoberfläche,
erstreckt sich bis zum Horizontsaum, wo glatt und luftig der Himmel ansetzt,
diese von Stjepan Ivanec bevorzugte Suggestion himmlischer Bläue,
in der betuliche Schäfchenwolken treiben. Die Erde ist fuchsbraun
und der Äther ultramarin. Winterlandschaften sind seine Stärke.
Man hat ihn (oder besser: seine Bilder) mit Breughel verglichen, von
dem er in dessen noch kein einziges Bild gesehen haben soll. Die Unterschiede
der beider Maler (oder besser: ihre Bilder) sind indessen beträchtlicher
als das gegebenenfalls Gemeinsame. Wie bei Breughel, wie in der altniederländischen
Malerei überhaupt, ist die Bildrampe mit Figuren belebt. Wie bei den
alten Niederländern ist aber die Hauptsache das, was dahinter beginnt,
die Landschaft, die immerzu als eine Art Weltganzes erscheint. Anders aber
als zum Beispiel der große Bauern-Breughel meidet Ivanec Scherz,
Satire mitsamt tieferer Bedeutung. Er malt, was es gibt oder gegeben hat,
wie er es weiß oder wie es ihm erzählt worden ist:
Zigeunerleben und Erntebräuche, Honiggewinnung durch Bienenausräucherung,
wie man sich prügelt oder zuprostet.
Für seinen Freund und Förderer Gerhard Ledic, dessen Vasenporträt
er im Bild herumliegen lässt, hat lvanec einen
babylonischen Turm gemalt. Für den Bauernsohn aus der
Podrawina, ist das typische Bauwerk ein gigantischer Kürbis, ein Riesendingsda
in Kürbisgestalt. Rechts vorn im Bild sitzt der Maler vor der Leinwand
und nimmt über Daumen und Pinsel Maß. Dieses eine Mal ist der
Maler mit ins Bild gerutscht. Ansonsten bleibt er, Maßstäbler
vor dem Maßstäblichen außerhalb. Die Welt ist eine Bühne,
wie das quer durch die Jahrhunderte immer wieder behauptet wird. Dass die von Stjepan lvanec gemalten Ausschnitte aus
den tragikomischen Schauspiel
Leben jedes Mal eine wahrhafte Bühne bilden, beweisen nicht zuletzt
die Baumkulissen, die das Dargestellte an den Seiten flankieren: ein ,,Tor"
zwischen Baumstämmen wie beim Fußballspielen, ein Tor in die
Welt hinaus, ins Zwischenstromland der Podrawina, die für Stjepan
Ivanec (und nicht nur für ihn allein) die Welt schlechthin ist. Nach
oben hinaus, ins blaue Gas Luft, recken die Kulissenbäume grüne
oder rostigbraune Wipfel, jene für seine Bilder charakteristisch geknüpften
Astknoten, die den Blick zur Signatur erübrigen.
(Otto Breicha, 1976)